Die größte Gefahr für Motorradreisende – und 11 Regeln um sie zu vermeiden

Gefahr für Motorradreisen

Bevor unsere Reise startete unternahm ich eine Internetrecherche der besonderen Art:

Ich suchte nach dem Grund, warum Motorradreisen “scheitern”.

Warum kehrten Reisende früher um, als sie es geplant hatten? Waren es Unfälle? Krankheiten? Streit? 

Ich wollte daraus lernen.

So las ich Dinge, wie:

“Er nahm mir die Vorfahrt, aber ich hätte ihn auch sehen kommen können.”

“Ich brach mir den Knöchel, weil ich müde war und so ließ ich das Motorrad versehentlich auf meinen Fuß fallen.”

“Ich war abgelenkt und sah die Kurve zu spät.“

In all diesen Berichten sitzt sie versteckt. Die größte Feindin unseres Motorradreisetraums:

Unachtsamkeit.

Unachtsamkeit findet immer dann Zugang zu uns, wenn wir nicht hundertprozentig bei uns sind. Sie kommt mit dem Hunger, lässt dich an Essen denken statt an die nächste Kurve. Sie ist der verführerische Gedanke nur einmal kurz die Augen zu schließen, wenn du müde bist. Sie ist im Stress, wenn du es eilig hast.

Wenn sie von uns Besitz ergriffen hat, passieren uns Fehler, die uns normalerweise niemals unterlaufen würden. 

Mich überraschte das, denn als Motorradfahrer haben wir im Straßenverkehr eine andere Wahrnehmung als die meisten Autofahrer. Wir sind immer die schwächsten Verkehrsteilnehmer, vielleicht nicht in Sachen Motorleistung aber sicherlich beim Aufprallschutz.

Stockholm (3)

Die Superkraft erfahrener Motorradfahrer

Als Motorradfahrer nehme ich Verkehrssituationen viel bewusster wahr – so kann ich auch Fehler anderer ausbügeln. Auf der Reise hat sich dieser Sinn noch mehr geschärft.

Wenn ich auf eine Kreuzung zu fahre, dann hört sich das in meinem Kopf ungefähr so an:

Der Fahrer neben mir will wohl gleich die Mädchen an der Ampel beeindrucken, der wird gleich losziehen. Das Kind ist nicht an der Hand der Mutter, vielleicht rennt es auf die Straße. Der Typ der von rechts kommt hat seine Handy am Ohr – vielleicht übersieht er die rote Ampel. Das Paar im Auto hinter mir streitet schon seit drei Kilometern, besser Abstand halten.

Das geschieht nicht bewusst. Aber es rettet Leben. Vor allem mein eigenes.

Es ist die Superkraft erfahrener Motorradfahrer: Gefahrensituationen zu erkennen, bevor sie tatsächlich passieren.

Dennoch: sie ist nutzlos, wenn wir unachtsam sind – Unachtsamkeit ist unser Kryptonit.

Gründe für Unachtsamkeit sind beispielsweise:

  • Stress
  • Müdigkeit
  • Ein Affe am Straßenrand
  • emotionale Aufladung (sauer, wütend, traurig)
  • Ablenkung (Handy, GPS)
  • Hunger
  • erotische Fantasien
  • Durst

Du siehst: Unachtsamkeit ist gefährlich! 

Was können wir dagegen tun?

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11 Regeln gegen Unachtsamkeit

Wir müssen der Unachtsamkeit in verschiedenen Phasen entgegen wirken:

Etappenplanung

1 – Kenne deine Grenzen

Ganz schlechte Etappenplanung

Plane keine zu langen Etappen. Klar, du kannst sicherlich mal einen langen Fahrtag einlegen, auch zwei oder drei hintereinander, aber irgendwann wirst du ausgelaugt sein. Müdigkeit schreit gerade zu nach Unachtsamkeit.

2 – Plane für die Nacht

Wenn du keine feste Unterkunft für die kommende Nacht hast, versuche mindestens zwei Stunden vor Sonnenuntergang anzukommen, um genug Zeit zu haben ein geeignetes Zimmer / Camp zu finden. Großes Stresspotential verbirgt sich hier.

Nacht vor der Etappe

3 – Keine Eskapaden

Ganz schlechte Reisevorbereitung

Wer verkatert auf das Motorrad steigt ist wirklich selbst schuld. Klar, es ist eine Story für’s Lagerfeuer: „Erst habe ich die Nacht durchgesoffen und bin am nächsten morgen in die nächste Stadt gefahren.” Wahrscheinlich wird es gut gehen, aber du erhöhst die Wahrscheinlichkeit unachtsam zu werden.

4 – Achte auf deinen Schlaf

Ein ausgeruhter Fahrer ist immer ein besserer Fahrer.

Am Morgen vor der Etappe

5 – Gönn dir ein gutes Frühstück

6 – Packe immer Wasser und Snacks ein

Vor allem wenn es heiß ist!

Hunger und Dehydration ziehen die Unachtsamkeit an wie ein Schokoladenkuchen dicke Kinder. Unser guter Freund Tim hat die Snickers Pausen eingeführt – eine Gewohnheit die für ein paar Kilo extra, aber auch für ein gutes Blutzuckerlevel gesorgt hat.

7 – Sei dir deiner Emotionen bewusst

Check wie es dir geht. Bist du sauer, wütend, traurig? Wenn du dir bewusst bist, lässt du dich nicht so leicht von Emotionen beeinflussen,

8 – Du bist nicht Superman / -woman

Nachdem wir einmal die ersten 20.000km – 30.000km hinter uns hatten musste ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass ich auf einem Motorrad sitze und jeder Tag die gleichen Gefahren birgt wie immer. Es ist leicht auf einer langen Reise “betriebsblind” zu werden. Ein Einfallstor für unsere falsche Freundin,  die Unachtsamkeit.

Während der Fahrt

9 – Achte auf die Signale deines Körpers

Bist du durstig? Trinke. Hast du Hunger? Halte an und iss etwas. Bist du sauer, weil dein Team abgestiegen ist? Steige vom Bock und hinterlasse einen bösen Kommentar auf deren Facebook Seite und deine Wut am Straßenrand.

Dein Körper kommuniziert ständig mit dir. Achte auf die feinen Töne.

10 – Kein Handy während der Fahrt

Klingt logisch oder? Ich bin im Iran jemandem hinten drauf gefahren, weil Google Maps auf meinem Telefon abgestürzt ist und ich mehr auf den Bildschirm als den Verkehr geachtet habe.

11 – Mach Pausen

..und geh baden

..und geh baden

Auch wenn du nicht müde bist, steig in regelmäßigen Abständen aus dem Sattel.

Fazit

Ich habe alle Regeln gebrochen. Ich war verkatert, übermüdet, traurig oder wütend. Manchmal auch alles gleichzeitig.

Alle meine Unfälle und Umfaller waren der Unachtsamkeit geschuldet, die in genau diesen Momenten da war.

Ich hatte einfach nur Glück, dass nicht mehr passiert ist.

Einige der Regeln mögen banal klingen und werden wohl bei einer Ausfahrt auf der Hausstrecke auch nicht gebrochen – bei einer mehrmonatigen Reise ist die Wahrscheinlichkeit schon höher. Umso wichtiger, dass wir uns immer ins Bewusstsein rufen, dass der Erfolg unserer Reise und damit unsere Gesundheit von uns selbst beeinflusst wird.

Stay safe!

Was sind deine Tipps gegen Unachtsamkeit?

Was sollten Reisende noch beachten?

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  1. Matz

    Mein Tipp für eine sichere Fahrt: Gehe davon aus, dass dich alle anderen Verkehrsteilnehmer umbringen wollen. ;) Habe ich auch so in einer meiner Motovlogfolgen so genannt und dargestellt. https://m.youtube.com/watch?v=u_iSWdH85Po&t=4m08s
    Mit diesem Gedanken im Hinterkopf bleibe ich – vorausgesetzt mein Hunger und Durst ist gestillt, das Navi macht was es soll und es sitzt kein Affe mit erotischen Fantasien auf dem Sozius – aufmerksam. XD
    Toller Beitrag übrigens. Ich lese deine/eure Berichte gerne und freue mich auf mehr. :) Die Linke zum Gruss…

  2. Diana

    Wie Oma schon immer gesagt hat: „Kind, zieh dir ’n Hemd an!“ Wenn es kalt ist und man friert oder es ist so heiß, dass der Schweiß in Strömen den Oberkörper runter läuft und man an nichts anderes denken kann als an ein heißes Bad/ eine kalte Dusche, dann hat die Unachtsamkeit leichtes Spiel. Also immer dabei: Funktionsunterwäsche. Wiegt nicht viel, nimmt kaum Platz weg, trägt viel zu Wohlbefinden und Sicherheit bei. Und das freut auch Oma.

  3. Marco

    Pausen,… das erinnert mich an eine Etappe von ca. 500 km die ich als Tourguide vor einiger Zeit hab leiten dürfen.
    Ich halte es so dass ich mindestens nach einer Stunde fahrt, rechts ran fahre und vom Motorrad steige, Helm bewusst ausziehe und eine „Rauchpause“ (obwohl ich Nichtraucher bin) einlege. Etwas trinken und einfach mal etwas in die Landschaft schaue. Nach 10-15 Minuten geht es dann wieder weiter.
    Am Tagesziel angkeommen waren dann zwar alle müde, 500 km muss man auch erst einmal fahren, doch es gab dann einige Fahrer die hatten Dosenweise RedBull dabei, weil sie „Angst“ vor der langen Etappe hatten und sich damit wach halten wollten.
    Das man, mit regelmässigen Pausen die man von Anfang an einhält, sein Tagesziel auch ohne extra Wachmacher erreicht, hat dann den einen oder anderen auch überrascht. Dabei waren es gerade die Fahrer die am Anfang gejammert haben als ich nach der ersten Stunde fahren schon die erste Pause eingelegt habe.

  4. Heimdall

    Hallo Bikerfreunde,

    bald werde ich 45, hoffe ich ;-),
    dabei fahre ich seit ich 15 war Zweirad, seit 18 Motorrad,
    einige zigtausend Km, da war keine einzige Situation dabei,
    die zu einen Unfall oder FAST-Unfall geführt hat.
    Trotz Tagesetappen von mehr als 600 km (z. B. 2.500 km in 4 Tagen).
    Als Sozia ist oft meine Tochter (12 J.) dabei – sehr wichtige Ladung.
    Sie fühlt sich immer sicher.
    Wie funktioniert das?
    Wichtigste Regel: 20 20
    Mit 2 Rädern immer 0 Promille!
    2-fache Sicherheit bei 0 Risiko!
    Das bedeutet nicht zu schleichen,
    sondern die Strasse, die anderen Verkehrsteilnehmer und sich selbst zu lesen
    und die richtigen Entscheidungen zu treffen.
    Wird man müde – Pause, was sonst?
    Ist die Strasse spiegelig, holprig oder unübersichtlich – runter von Gas, was sonst?
    Mit der Streckenauswahl geht es los: abwechlungsreich, kurvenreich, interessant, auf und ab und dazu im Stundentakt schöne Orte zum Verweilen. Da lacht das Bikerherz.
    Finger weg von Wachhalterdrinks – Rote Brause unterdrückt nur Symptome, behebt das Problem, schlaft. Dazu gesundes Essen und körperliche Fitness.
    Ein wichtiger Punkt ist auch die Technik: Professionelle Wartung der Maschine,
    Bluetooth-Kopfhörer für die Navi-Anweisungen, abgestimmte Sonnenbrille, sitzenden Kleidung, auffallendes Outfit (neongelbe Helme übersieht kaum jemand), Fahrtlicht.
    Und was sehr wichtig ist:
    2003 starben zwei Freunde von mir, unabhängig voneinander, durch Motorradunfälle,
    sie fahren irgendwie immer in Gedanken mit…

    Allzeit gute Fahrt.


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