Wie ich meinen Job gekündigt habe

Kündigung
Es gibt Ideen, die viel Raum einnehmen. Es muss nicht unbedingt eine lange Reisen sein, genau so gut kann es eine Selbstständigkeit oder einfach nur ein Jobwechsel sein. Der alte Job hat dann keinen Platz mehr. Den Job zu kündigen ist ein bisschen wie Schluss machen. Wenn du kein Vampir bist oder Deinen Job abgrundtief hasst, dann ist das nicht einfach. Im Folgenden möchte ich Dir erzählen, wie ich meinen Job gekündigt habe.

Kündigung die Erste

Um genau zu sein müssen wir früher beginnen und zwar im Sommer  des Jahres 2010. Ich hatte meinen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre in der Tasche und mein befristeter Arbeitsvertrag bei einem der großen Dax-Konzerne wurde verlängert. An sich lief es extrem gut, doch in meinem Kopf spukte es.
Seit geraumer Zeit nahm ich den Zaun um den Firmenkomplex anders wahr. Es kam mir so vor, als sollte der Zaun nicht Einbrecher abhalten, sondern uns Mitarbeitern die Flucht verwehren!
Morgens wurden die Pforten  geöffnet und wie durch Geisterhand wurden die Büros und Produktionshallen mit arbeitswilligen Seelen gefüllt. Abends wurden die mittlerweile müden Bienchen wieder ausgespuckt. Frustriert gehen Sie zum Discounter, kaufen sich Überlebensmittel und flacken sich vor den Fernseher. Tag ein Tag aus. Das alles für 14 Tage Malle im Jahr. Ich wollte keine Biene mehr sein!
Meistens kam ein Kollege vor mir an die magische Pforte. Sein Name ist Helmut L. Er lief den langen tristen Flur entlang und ich folgte ihm. Knapp 1 Jahr Arbeitserfahrung folgten ca. 30. Müde trottet Helmut an seinen Platz, zapft sich einen Kaffee nach dem anderen und zählt die Tage bis zur Rente. Ich wollte erst recht kein Helmut sein!
Das größte „Aha“ Erlebnis kam allerdings ein wenig später. Gemeinsam mit Freunden bewirtschafte ich ein kleines Gartengrundstück. Wir nutzen es hauptsächlich um Feste zu feiern und um uns handwerklich auszutoben. Wir beschlossen eines Tages eine Sonnenterrasse zu bauen. Solch ein Vorhaben benötigt ordentliche Fundamente. Als ich dann eines Tages frustriert in meinem Bienenstock saß, meldete ich mich mittags für den halben Tag krank. Ich ging in den Garten und begann das Loch für das Fundament zu graben. Ich hatte nicht wirklich das richtige Werkzeug und mühte mich ab.
Nach knapp zwei Stunden sah ich etwas wunderschönes. Ich hatte ein Loch gegraben! Ich hatte dreckige Hände, die ein oder andere Blase und ich hatte ein Loch gegraben! Es gab tatsächlich ein physikalisches Ergebnis meiner Arbeit. In meinem Job hatte ich höchstens immer wieder einen neuen Ordner abgeheftet und ihn weggestellt. Ich wollte Spuren hinterlassen!
 Loch
Durch all diese Erkenntnisse angestachelt, und nachdem die schlimmsten Zweifel abgeschüttelt waren, kündigte ich ein paar Wochen später meinen Job. Ich wollte reisen und Freiwilligenarbeit leisten.

Kündigung die Zweite

Nach meiner Rückkehr war für mich klar, dass der nächste Job nicht von Dauer sein sollte. Wie ich hier beschrieben habe, hatte ich einfach noch Reisefieber in mir und dieses mal sollte es eine wirklich große Reise werden. Der Job war also gedacht um Reisebudget anzusparen, um wieder flüchten zu können.
Vielleicht denkst Du, dass die Kündigung, basierend auf dieser Ausgangssituation einfach war. – Sie war es nicht! Allerdings kamen die Zweifel aus einer anderen Richtung.

Kündigen und Zweifeln

Vor der ersten Kündigung packten mich vor allem „Existenzzweifel“:
  1. Finde ich wieder einen Job?
  2. Finde ich wieder so einen guten (bezahlten) Job?
  3. Was ist mit meinen Karriereplänen?
  4. Was denkt meine Familie?
  5. Was sagt meine Freundin?
  6. Wie sieht das im Lebenslauf aus?
  7. Wenn ich zurück komme, wie kann ich meine Rechnungen bezahlen?
  8. Ich bin nutzlos!
  9. Werde ich als Sozialschmarotzer enden und mich über die Entscheidungen von Barbara Salesch ärgern?
  10. Wird mein Chef sauer sein? Wie wird er reagieren?
Vor der zweiten Kündigung knabberte ich eher an „Wohlfühlzweifeln“ und an meinem schlechten Gewissen. Das lag daran, dass ich wieder einen Job gefunden hatte und auch nicht verhungert bin. Meine „Existenzzweifel“ haben sich also als unbegründet erwiesen. Meine Karrierepläne hatte ich ohnehin über Bord geworfen.
Diesmal empfand ich es als viel schwieriger mein Umfeld zu verlassen. Mein Job hat mäßig viel Spaß gemacht. Das Drumherum war allerdings einmalig. Es fiel mir schwer mich von den Leuten loszureißen, mit denen ich vorher nahezu jeden Tag verbracht habe.
Kollegen

Was ich aus meinen Kündigungen gelernt habe 

Wenn es einmal geschafft ist, ist es halb so schlimm. Es bricht auch keine Welt zusammen, in der Arbeitswelt wird oft gekündigt. Und böse ist dir in der Regel auch niemand, zumindest  nicht nach einer Weile. Sich zu überwinden tatsächlich zu kündigen ist trotzdem richtig schwer! Da musst Du durch.
Rückblickend erinnere ich mich nicht als erstes an meine Zeit beim Konzern. Wie ich Projekte kalkulierte oder Angebote schrieb. Ich denke an die tollen Zeiten auf Reisen, an die Menschen die ich kennenlernen durfte und die mich zu dem Menschen gemacht haben der ich jetzt bin. Es war also die richtige Entscheidung.
See
Auch jetzt packen mich immer weniger Zweifel, als viel mehr die Vorfreude auf das was vor uns liegt. Ich schreibe diesen Artikel an Bord der Fähre von Tallinn nach Helsinki. Die Entscheidung haben wir gestern getroffen und Gedanken mache ich mir über das Geldabheben in Russland und wie die russischen Grenzer wohl
auf meine Drohne reagieren werden. Das sind Herausforderungen, die mir Spaß machen!
In diesem Moment gibt es keinen Vorgesetzten, der mich nervt, es gibt keinen Kunden der mich ankackt – das liegt alles hinter mir. Und auch wenn ich meine Kollegen vermisse, so bin ich mir doch sicher, das wahre Freundschaften das überdauern können.
Nach dieser Reise werden sich neue Türen öffnen und Möglichkeiten ergeben. Ich weiß nicht welche, aber ich freue mich darauf.
Ich denke es ist wichtig, dass man lernt, Vertrauen in sich selbst zu haben. Machst du etwas anderes, als es gewöhnlich ist, wirst du nicht nur als Geisterfahrer angesehen – oft  fühlst Du dich aber wie einer! Dieses Gefühl ist der Preis für unbezahlbare Erinnerungen. Und diesen Preis würde ich immer wieder zahlen!
Hast Du schon mal Deinen Job gekündigt?



  1. Manuel

    Sehr inspirierend! Heute war es bei mir auch so weit – aber da meine Vorgesetzten und Kollegen quasi vorab Bescheid wussten und das Thema schon seit langem im Gespräch ist merk ich noch nichts von der Nervosität – wie beschrieben: „eigentlich bleibt alles so wie immer“
    Für eine so kreative Kündigung wie oben hatte ich aber zugegeben nicht die Eier in der Hose

    Allzeit gute Fahrt!

    • Jannett

      Hallo Stephan,

      ich bin nun ganz neigierig! Wie ist es dir die letzten Jahre ergangen? Stehe vor der gleichen Situation. Ist alles besser oder anders geworden? Ich denke auch das es an den eigenen Gedanken liegt. Mag auch keine Biene mehr sein. Fühle mich ausgesaugt. Nur sind es die Bedenken vor der Zukunft. Aber eigentlich ist es nicht wahr, ich habe bis jetzt nach jeder Kündigung mehr Geld zu verfügung gehabt. Also ist es der Mut…
      Liebe Grüße Jannett :)

  2. The Traveller

    Von den genannten Existenzzweifeln, treibt mich nur ncoh Punkt 7 um. Man sollte viel öfters mal kündigen… ;-)

    Danke für die Denkanstöße.


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