Good Bye, Lehmann: Hinter den Kulissen (Lektionen & Zahlen)

Hinter den Kulissen

1 Monat "Good Bye, Lehmann" - Zeit für ein Blick hinter die Kulissen. Wie ist das Buch entstanden? Was sind die Lektionen aus dem Schreiben und wie verkauft es sich?

Ich schreib' NIEMALS ein Buch!

Ich hatte nicht einmal besonders viel Spass am Bloggen. Auch wenn (oder weil) ich über ein Jahr hinweg kontinuierlich Reiseberichte veröffentlicht hatte.

 Das änderte sich erst nachdem ich einem Podcast mit Maria Popova gehört habe, einer persönlichen Heldin.

Der beste Schreibtipp

Maria Popova schreibt auf Brainpickings.org und hat vielleicht die kulturell wertvollste Seite im Internet geschaffen.

In dem Interview wurde Sie nach Ihrer Motivation zum Schreiben gefragt. Belesen wie sie ist, zitierte sie Kurt Vonnegut:

quote-left

“Write to please just one person. If you open a window and make love to the world, so to speak, your story will get pneumonia.”

Was Kurt meint ist: Schreibe für dich selbst - wenn du schreibst um der Welt zu gefallen, dann wird's nix.

Kennst du diesen Moment, wenn du dich ertappt fühlst? Kurt Vonnegut hat mich erwischt!

(c) Giphy


Bis zu diesem Moment schrieb ich nämlich für:
- Likes
- Reichweite
- neue Facebook Fans.
Ich schrieb um gemocht zu werden.

Ich saß stundenlang an einen Artikel, veröffentlichte ihn und dann passierte - Nichts.
3 Likes. Kein neuer Fan. Keine Kommentare.

Erst als ich mir Vonneguts Tipp zu Herzen nahm, änderte sich etwas. Statt meine Reise wiederzugeben, schrieb ich nun über meine persönlichen Erfahrungen. Anstatt Erlebnisse wiederzukauen versuchte ich darüber zu schreiben, was sie in mir auslösten.

Und siehe da, es gab Reaktionen.

Wenn man für sich selbst schreibt, ehrlich, persönlich und direkt, dann finden sich über die Zeit Menschen, denen es ähnlich geht. Die man berührt. Die in einer ähnlichen Situation stecken.

Dann kommen Emails in denen sich Leser bedanken und schreiben: "Mir geht es ganz genauso, ich hatte nur keine Worte dafür!"

Ich glaube die Aufgabe eines Schreiberlings ist genau das: Gefühle in Worte packen.
Außerdem macht es so viel mehr Spass :)

Die Geschenke des Schreibens

1 - Verarbeiten
Von meinem Naturell her bin ich Typ "Verdränger".

Unliebsame Erfahrungen?
Ich pack sie in eine Kiste und verstau sie auf dem Dachboden meines Unterbewusstseins.

Kurzfristig ist das eine Erleichterung. Langfristig hingegen ist es eine furchtbare Eigenschaft und hat mich schon viel abgeschmirgelten Zahnschmelz gekostet.

Wenn ich nun über solche Dinge schreibe, dann muss ich diese Kiste holen, aufschließen und mich mit deren Inhalt auseinandersetzen, Ordnung schaffen und versuchen Sinn daraus zu machen.

Einige Leser haben mich gefragt warum ich so offen schreibe. Das ist die Antwort.

Es ist Therapie.

2 - Lernen
Wenn ich über etwas schreibe, dann bin ich dazu gezwungen mich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Ansonsten wird der Beitrag flach und öde.

Das Schreiben ist die perfekte Heimat für Neugier.

Lerne ich etwas Neues, dann verfestigt sich es erst, wenn ich darüber geschrieben habe. 

Warum ich doch ein Buch geschrieben habe

Auch wenn ich ursprünglich kein Buch schreiben wollte, der Untertitel von Good Bye, Lehmann war Programm. Ich wollte wissen wie ich ein gutes Leben führen kann und ob permanentes Reisen dazu notwendig sein müsste.

Ich habe meine Antwort gefunden. Ein gutes Leben führen geht immer. Es braucht keine Reisen und kein Motorrad und keinen Strand und als ich das erkannt hatte, dann wusste ich dass ich darüber schreiben wollte.

Denn nur wenn ich darüber schreiben würde, könnte ich es vertiefen und verinnerlichen.

Buch schreiben - die Kosten

Es ist leicht ein Buch zu veröffentlichen und mit "Books on Demand Service" nahezu kostenlos möglich. Die Ergebnisse sind aber meist auch entsprechend.

Für mich war das keine Option. Ich wollte auf jeden Fall ein professionelles Lektorat, ein schönes Cover und ein ordentliches Druckergebnis.

Die Kosten für mein Unterfangen schätzte ich auf 5.000€. Dafür hatte ich nach der Reise nicht einmal Ansatzweise die Ressourcen.

Glücklicherweise gibt es Crowdfunding und die Leser dieses Blogs. Über 200 haben sich gefunden, die ein Buch kauften, dass es noch gar nicht gab.
Das fühlt sich ungefähr so an:

Buch schreiben - die Lektionen

Fokus und Kreativität zurückgewinnen durch Langeweile
Da kam also dieser Tag an dem ich mich zum ersten mal hinsetzte, um an meinem ersten richtigen Buch zu arbeiten. Mein Herz tanzte vor Freude. Ich öffnete ein Text-Dokument, sah aus dem Fenster, schaute wieder auf den Bildschirm, und ging direkt auf Facebook.

Das wiederholte sich tausendfach. Meine Konzentration war scheuer als ein Reh.

Also begann ich über Konzentration und Aufmerksamkeit zu lesen. Herauszuheben ist "Deep Work" von Cal Newport.

Facebook und Co gehören zu den größten Konzernen der Welt. Sie beschäftigten die schlauesten Köpfe und wenden Milliarden auf um eine Sache zu bekommen: Deine Aufmerksamkeit.

Das ist fatal aus verschiedenen Gründen, aber einen möchte ich herausheben.
Wann kommen dir die besten Ideen? Beim Warten an der Kasse? Spazierengehen? Auf dem Klo? Es sind die Momente, in denen wir nicht beschäftigt sind. In diesen Momenten lebt die Kreativität.

Das Problem heutzutage ist, dass wir in diesen Momenten unser Handy in der Hand halten. Auf dem Klo laufen Youtube Videos und selbst beim Spazierengehen chattet man auf Whatsapp. Mit dem Handy in der Hand ist kein Platz mehr für Ideen.

Die beste Lösung: Alle Social Media Apps vom Handy verbannen und den Internetkonsum massiv einschränken. Es scheint zu Beginn unmöglich, aber das Leben geht weiter.

Kreativität und Fokus brauchen Langeweile.
Es wirkt Wunder.

Nachhaltiges Arbeiten baut Paläste
Menschen überschätzen was sie in kurzer Zeit erreichen und unterschätzen was sie in langer Zeit schaffen.

Das ist so wahr.

Menschen sind von Natur aus neugierig. Nur leider wird sie uns ausgetrieben, dabei ist Neugier neben Achtsamkeit die Zutat, die den Cocktail des Lebens richtig lecker macht.

Normalerweise, so scheint es, hat man keine Zeit seiner Neugier zu folgen. Es ist falsch. Arbeite an einem Projekt jeden Tag nur für eine Stunde und du baust in einem Jahr einen Wolkenkratzer.

Fühle den Schmerz
"Wild" von Cheryl Strayed ist ein tolles Buch. Sie ging in den Schmerz wenn sie darüber schrieb. Und das ist ihr Tipp. Und es ist ein Guter. In die Emotionen zu gehen, die man damals gefühlt hat, machen das Geschriebene so viel lebendiger.

Allerdings kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass man von der Bedienung im Cafe durchaus schräg angeschaut wird, wenn man regelmäig bei der Arbeit heult.
 
Roter Faden
Der Regisseur von "Black Swan" Darren Aronofsky schreibt seine Skripts innerhalb von einem Wochenende herunter. Das ist Wahnsinn! Aber würde ich nochmal anfangen, dann würde ich es genau so machen.

Er beschreibt das mit den schönen Worten, dass ein Text wie eine Skulptur sei, die aus einem Felsen herausgeschlagen wird. Verliert man sich zu Beginn in den Details, hat man eine super-detailierte Hand aber der Rest ist noch Fels. Es kostet Balance. Besser ist es nach und nach die Skulptur zu verfeinern. Erst mit dem Meisel, dann mit dem Schleifpapier

Hätte ich das gemacht, hätte ich sicherlich 6 Monate weniger Zeit benötigt und weniger graue Haare.

Das fertige Buch

Am 5.12. klingelte es. Dachser Logistik. Eine Euro-Palette. 800 Bücher. Am liebsten hätte ich den Lieferanten weggeboxt und einen Karton aufzureisen, um zu sehen ob die Bücher in Ordnung waren.  Ich tat es nicht. Die Bücher waren trotzdem schön.

Nach 1 1/2 Jahren das fertige Buch in den Händen halten. Es ist unglaublich gewesen.

Dann 255 Bücher widmen. Es hat 2 Tage gedauert, aber es war es wert.


Der Buchlaunch
Seit einem Monat ist das Buch nun auf Amazon erhältlich. Seit dem Launch sind knapp 700 Stück rausgegangen(inkl. der Crowdfunding Bücher). Das sind viel mehr als ich erwartet habe.

Leider sind die Gebühren von Amazon so hoch, dass nach Druck pro Buch gerade einmal ein paar Euros hängen bleiben. Zumindest hat es gereicht um neue Bücher zu drücken.

Aber das ist ok. Finanziell war das Projekt, wie oben beschrieben, von Beginn an ein kalkuliertes Desaster.

Der wahre Lohn ist die Erfüllung durchs Schreiben.
Der Neugier zu fröhnen.
Das Projekt zu Ende zu bringen.
Diesen Artikel schreiben zu dürfen.
Und die Rückmeldungen auf Amazon, Facebook oder per Email. Vielen Dank dafür!

Das war es wert. 

Hast du Fragen?
Gerne in die Kommentare!

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Was kostet eigentlich eine Motorrad Weltreise?




18 Kommentare

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  1. Andi

    Super Einblick! Ich kann dir bei „Arbeite an einem Projekt jeden Tag nur für eine Stunde und du baust in einem Jahr einen Wolkenkratzer“ nur zustimmen².

    Zu viele Menschen denken sie bräuchten Urlaub oder einen anderen Job um an ihren Träumen zu arbeiten, aber unter der Woche eine Stunde am Tag, sind 20 Stunden im Monat, sind über 200 Stunden im Jahr. Und 200 Stunden in ein Projekt investiert zu haben ist allemal besser, als sich Silvester wieder zu ärgern, dass die Träume nur Träume sind und man ihnen keinen Schritt näher gekommen ist.

    Die Idee der täglichen kleinen Schritt hat mein Leben verändert. Das mit der einen Stunde am Tag habe ich damals von David Deida übernommen und bin so dankbar, dass es irgendwann klick gemacht hat. Danke für den Einblick hinter die Kulissen und Grüße!

  2. Alex

    Hallo Stefan
    Das Buch war wirklich toll und kurzweilig!
    Wie steht es eigentlich mit dem Bildband das einige von uns bei Startnext Crowdfunding ausgewählt haben? Noch in Arbeit? ;-)

    Beste Grüsse
    Alex

  3. Stefan Gardt

    Hi Stefan.

    Seit ich 1983 erstmals nach Indien getrampt bin, gehen mir die gleichen Gedanken durch den Kopf. Vieles, fast alles hab ich auch so erlebt. Und du hast es aufgeschrieben.

    Ich lese dein Buch jetzt zum dritten mal. Was soll ich sagen? Ich finde, das ist das weitaus beste was ich seit langer, langer Zeit zum Thema „Reisen“ und insbesondere „Motorradreisen“ gelesen habe (…und davon gibt es ja in den letzten Jahren eine ziemliche Flut)

    Dein Stil, die Form, der Aufbau, die Inhalte (und die Rechtschreibung!), ich bin wirklich aufrichtig beeindruckt! Super! Klasse! Toll!

    Ich wünsch dir für die Zukunft alles erdenklich Gute.

    (auch) Stefan ;-)

  4. Markus Steinruck

    Hey Stefan,
    Wow!
    Ich habe gerade innerhalb von 2 Tagen deinen Blog verschlungen und spüre nun noch mehr den Drang mich auf mein Moped zu setzen und mal wieder auf eine leider nur kleine Tour zu gehen. Das nächste Ziel ist Spanien an der Küste entlang….? Das aber erst im Frühjahr.

    Den Rest der Zeit werd ich wohl mit deinem Buch verbringen und da bin ich schon mega gespannt drauf! (Hab’s heute bestellt) ;-)

    Leider schreibst du ja schon eine ganze Weile nicht mehr… was gibt es bei dir neues?

    Ach ja… und solltest du mal in der Gegend um Würzburg unterwegs sein… habe auch nen schönen kleinen Garten und immer ein kaltes Bier;-)

    Bis dahin…

    C u in the road!

    Grüße Markus

  5. Torsten

    Hallo Stefan,
    habe Dein Buch in drei Tagen „aufgefressen“ und bin total begeistert von Deiner Art zu schreiben und zu berichten; toll.
    Bin auch schon mit dem bike in down under gewesen und kann absolut bestätigen was das Land mit einem macht. no worries mate- all good :)
    Keep goin‘
    Alles Gute für die nächsten Reisen.
    Torsten

    • Stefan

      Hi Torsten,

      vielen Dank, dass freut mich sehr :)

      Wenn du Lust hast, könntest du mir eine Bewertung auf Amazon hinterlassen? Das würde mir wahnsinnig helfen!

      Viele Grüße,
      Stefan


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